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Parkinson – wie die Schüttellähmung das Leben verändert

Sie wird mit greisen, alten Menschen in Verbindung gebracht – dabei kann die altertümlich als „Schüttellähmung” bezeichnete Parkinson-Erkrankung prinzipiell jeden treffen, unabhängig vom Alter. Dennis Riehle aus Konstanz erkrankte im Alter von 31 Jahren an dieser hypokinetisch-rigiden Störung. Heute, sechs Jahre nach der ersten Verdachtsdiagnose, ist sie bei ihm vollständig ausgebrochen. Im Gespräch mit MEIN TAG berichtet Dennis Riehle, wie sich sein Leben seitdem verändert hat.

Herr Riehle, Sie erkrankten im Alter von 31 Jahren an Parkinson. 

Wie hat sich diese Krankheit bei Ihnen bemerkbar gemacht? Und wie lange hatte es gedauert, bis Sie die Diagnose „Parkinson“ bekamen?

Dennis Riehle: Die ersten unspezifischen Symptome wie ein leichtes Hände- und Kopfzittern stellten sich im Jahr 2016 ein und waren damals noch kein ernsthafter Grund, an eine Parkinson-Erkrankung zu denken. Allerdings wurden bereits erste weitergehende neurologische Untersuchungen durchgeführt. Nachdem sich im Laufe von 2017 eine zunehmende Verlangsamung meiner Bewegungen und der Denkabläufe einstellten und der klinische Befund zudem eine ausgeprägte Muskelsteifigkeit ergab, wurde erstmals nachdrücklich der Verdacht auf ein Parkinson-Syndrom geäußert. Da ich dann auch noch auf mehrere Testungen positiv reagierte und ausgeschlossen werden konnte, dass meine Beschwerden von anderen Medikamenten herrühren, wurde trotz anfänglicher Zweifel wegen meines jungen Alters 2019 die Diagnose abschließend von mehreren Medizinern gestellt.

Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen? 

Es war doch sicherlich ein Schock.

Für mich war die Diagnose keine Überraschung. Viel eher eine Erleichterung, nach einer langen Odyssee von Klinik zu Klinik endlich Klarheit zu haben und nicht mehr in dieser Unsicherheit zu sein, dass ich mir all das nur einbilde. Es war nicht das erste Mal, dass ich mit einer schwerwiegenden Krankheit konfrontiert war, weshalb sich auch meine Erschütterung entsprechend in Grenzen hielt. Schlussendlich steht man vor der Entscheidung, diese Gegebenheit proaktiv anzunehmen oder sich verzweifelt und niedergeschmettert zurückzuziehen. Letzteres entspricht nicht meinem Naturell, weshalb ich alte Widerstandskräfte neu hervorholte, im Wissen, dass Parkinson behandelbar ist.

Wie hat sich dadurch Ihr Leben verändert?

Durch die Erkrankung bin ich vor knapp drei Jahren erwerbsunfähig geworden und konnte meinen Beruf als freier Journalist und Psychologischer Berater in eigener Praxis nicht mehr ausführen. Besonders beeinträchtigend waren der sich reduzierende Bewegungsradius sowie die begleitende Schmerzsymptomatik und die starke Einschränkung der Konzentrations- und Gedächtnisfähigkeit. Insofern hat sich auch meine körperliche und geistige Aktivität eingeengt, die Möglichkeiten für Hobbys und Freizeit sind weniger geworden, weil ich rasch erschöpft bin und viele Pausen brauche. Positiv ist allerdings die größere Verhaftung im Hier und Jetzt, im Genuss der kleinen Dinge.

Bei wem haben Sie in der ersten Zeit Hilfe, Unterstützung und Beistand gefunden?

Meine Ärzte betreuen mich seit jeher mit großem Engagement, sie sind mir eine wichtige Stütze. Daneben konnte ich mich immer auf meine Eltern verlassen. Und auch meine engsten Freunde, welche ich schon seit Schulzeiten kenne, waren stets für mich ansprechbar und zuverlässig.

Wie geht es Ihnen heute?

Ich stehe unter kontinuierlicher Behandlung mit Medikamenten und Therapien unterschiedlicher Art. Die Gehstrecke ist auf 50 Meter begrenzt, das Laufen fällt mir durch die Verspannungen sehr schwer. Ich habe Probleme bei alltäglichen Dingen, beim Anziehen oder Duschen, kann nicht selbst einkaufen oder die Wohnung putzen. Ich zittere noch, aber deutlich weniger als früher. Die Bewegung fühlt sich wachsartig an und ich bin sehr langsam. Manchmal wirke ich etwas verwirrt, verschlucke mich oft. Eine aufrechte Sitzposition zu halten, ist nicht einfach. Ich habe optische Halluzinationen und die Stimme ist heiser und schwach. Es ist natürlich nicht schön, bereits vor 40 pflegebedürftig zu sein. Aber ich kann jeden Morgen aufstehen und lebe in Frieden. Das macht mich insgesamt zufrieden. 

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Durch den Parkinson hat sich mein Schlaf-Wach-Rhythmus verschoben. Ich stehe um 4.30 Uhr auf, frühstücke, lese Zeitung und höre Radio. Dann geht es an den PC, ich bearbeite für ein oder zwei Stunden meine Mails, schreibe Artikel oder Bücher. Es ist zwar beschwerlich, aber nicht unmöglich. Danach werde ich zu meinen Arztterminen gefahren oder ich mache meinen täglichen Spaziergang. Anschließend koche ich Mittagessen, bekomme Besuch oder widme mich physiotherapeutischen Übungen und greife zu meinem Massageball. Am Nachmittag räume ich das Büro auf und sehe am frühen Abend meine Lieblingsserie im Fernsehen. Gegen 19 Uhr kann ich dann meistens schlafen.

Sie haben eine Selbsthilfeinitiative ins Leben gerufen und im Internet eine Plattform gegründet, um anderen Betroffenen zu helfen bzw. um sich auszutauschen (www.dennis-riehle.de). Was machen Sie dort konkret und wie ist die Resonanz?

Ich bin seit 2005 in der Selbsthilfebewegung aktiv, weil ich um die Kraft des Erfahrungsaustauschs unter Gleichbetroffenen weiß. Deshalb ist der Zweck meiner Initiative das Angebot von Beratung für Menschen mit Parkinson, die ihre Diagnose frisch erhalten haben oder schon länger damit leben. Vornehmlich geht es darum, Tipps und Ratschläge zu vermitteln, was im Alltag helfen kann und womit man selbst gute Fortschritte erzielen konnte. Natürlich ist es auch meine mentale Zuversicht, die ich weitergeben möchte. Oder eben Auskünfte darüber, wo man Unterstützung bekommt und welche Ansprüche bestehen, beispielsweise soziale Leistungen oder Nachteilsausgleiche.

Wie stellen Sie sich Ihr weiteres Leben vor?

Welche Pläne haben Sie, welche Hoffnungen?

Ich habe gelernt, dass man bei vielen verschiedenen Krankheiten nur gewisse Spielräume hat, Kommendes zu planen oder sich das Übermorgen vorzustellen. Dafür ist auch der Parkinson ein zu unberechenbarer Begleiter, der eigentlich wöchentlich neue Überraschungen für mich bereithält. Deshalb blicke ich vielleicht auf die nächsten Monate, nicht aber Jahre. Man kann mit dieser Erkrankung alt werden, das habe ich auch vor. Sicherlich werde ich nach und nach mehr auf Hilfen und Unterstützung angewiesen sein. Mir ist es jedoch wichtig, möglichst lange Selbstbestimmtheit erhalten zu können und mich sinnstiftenden Aufgaben zuzuwenden. Meine ehrenamtlichen Jobs in verschiedenen Vereinen, die man heute glücklicherweise fast ausschließlich online erledigen kann, erfüllen mich sehr und geben mir Halt und Orientierung. Solange ich sie in einem gewissen Maße ausführen und damit etwas Nützliches tun kann, mache ich mir keine Sorgen vor der Zukunft.

Herr Riehle, vielen Dank für das Interview.

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