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Neandertal steckt in uns allen – auch bei Corona und HIV

Vermutlich ist Ihnen das auch schon im Straßenverkehr oder in der Supermarktschlange passiert: Sie haben jemanden bemerkt, der Sie direkt an einen Neandertaler erinnert. Manieren: Fehlanzeige! Dafür aber ein sehr ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Doch urteilen Sie nicht zu voreilig. Das Neandertaler-Gen tragen wir nämlich alle in uns. Auch wenn nur zwei Prozent unseres Erbguts auf den Frühmenschen zurückzuführen sind, wie der Paläo-DNA-Forscher Svante Pääbo bereits 2010 herausfand.

Krankheiten vorprogrammiert

Vielleicht hat es auch seinen Sinn, dass es nur noch zwei Prozent sind, die uns mit dem Neandertaler genetisch verbinden. Denn laut Untersuchungen der vergangenen Jahre begünstigt das benannte Gen einige Krankheitsbilder des heutigen Homo sapiens. So fand der Evolutionsgenetiker Tony Capra heraus, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Neandertaler-DNA und Depressionserkrankungen sowie Nikotinsucht gibt. Eine enorme Überraschung, auch für die Fachwelt. 

Heute Nachteil, früher Vorteil

Weiterhin fördert das Neandertaler-Gen die Blutgerinnung. Heute ein Risikofaktor für Herzinfarkte. Allerdings war die ausgeprägte Blutgerinnung vor mehr als 40.000 Jahren vermutlich ein großer Vorteil: Auf der Jagd nach Nahrung waren Verletzungen an der Tagesordnung. Schnell heilende Wunden schützten den Neandertaler aber vor bakteriellen Infektionen und einer tödlichen Blutvergiftung. Eine Sorge weniger für den Neandertaler!

Erhöhtes Risiko für scheren Covid-Verlauf

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus 2021 belegen, dass das Neandertaler-Gen leider auch das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf begünstigt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit dieser Genvariante im Falle einer Coronavirus-Erkrankung künstlich beatmet werden muss, ist dreimal höher“, so Hugo Zeberg, Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. 

Positiver Effekt auf HIV-Risiko

Allerdings gibt es auch positive Effekte zu vermelden: Das Gen des Homo neanderthalensis verringert das Risiko einer HIV-Infektion um 27 Prozent. Zu diesem Ergebnis kam Zeberg jetzt gemeinsam mit Svante Pääbo, ebenfalls Forscher am Leipziger Max-Planck-Institut. Träger der COVID-19-Risikovariante haben weniger CCR5-Rezeptoren im Immunsystem. Diese nutzt das HIV-Virus, um Leukozyten, auch weiße Blutkörperchen genannt, zu infizieren. Somit stärkt das Neandertaler-Gen in gewisser Weise auch unser Immunsystem.

Sie sehen: Es ist nicht alles schlecht, was uns unser ältester Verwandter genetisch vererbt hat. Wir dürfen gespannt sein, was die moderne Forschung noch ans Tageslicht bringt.

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